Tanzfestival braucht Planungssicherheit

SABINE GEHM

Das Festival TANZ Bremen ist seit vielen Jahren eine feste Größe im Veranstaltungskalender der Stadt und bei den Tanzinteressierten sowieso. Doch während zu dieser Zeit sich eigentlich ein Auftritt an den anderen reihen sollte, findet das Festival in diesem Jahr gar nicht statt. Die künstlerische Leiterin Sabine Gehm erzählt die Geschichte des Festivals und erläutert, wie es (hoffentlich) weitergeht.

1988 unter dem Namen Tanzherbst gegründet, gehört TANZ Bremen mittlerweile zu den wichtigen internationalen Festivals für zeitgenössischen Tanz in Deutschland. Das Festival ist eines der kulturellen Highlights der Stadt und trägt dazu bei, den Tanz in all seiner Vielfalt zu feiern, zu erforschen und zu fördern.

TANZ Bremen zählt zu den wenigen Tanzfestivals, die ihre Ursprünge weiterhin produktiv nutzen. Es präsentiert sowohl international renommierte Choreograf:innen und Newcomer als auch regionale Künstler:innen, bringt lokale und internationale Kooperationsprojekte auf den Weg und setzt mit Workshops und Diskursformaten neue Impulse für die Tanzschaffenden.

Die Liste der bisher bei TANZ Bremen aufgetretenen Künstler:innen liest sich wie ein Who is Who der internationalen Tanzszene. Fürs Festival nach Bremen kamen Eun Me Ahn, Marie Chouinard, Alvin Ailey, Jérôme Bel, Alain Platel, Jan Martens, Tino Sehgal, Germaine Acogny, Frédéric Flamand, Akram Khan, Dave St-Pierre, Catherine Diverrès, Lia Rodrigues oder Bruno Beltrao, um nur einige zu nennen. Sie alle und viele mehr haben begeistert, amüsiert, verstört, provoziert oder polarisiert. Sie repräsentieren Vielfalt und stehen für den hohen Anspruch des Festivals: für unterschiedliche Interpretationen von Virtuosität, Reflexion, Internationalität, für Aufbruch und immer wieder für die Öffnung gegenüber anderen Kunst- und Bewegungsformen. Vor allem aber vertreten sie den Tanz als eine politische, soziale und gemeinschaftsbildende Kunstform, durch die u.a. Fragen nach Identität und Herkunft, nach gesellschaftlicher Teilhabe, Armut, Rassismus oder Rollenbildern verhandelt werden.

Darüber hinaus stellte TANZ Bremen in den letzten drei Jahren im Rahmen der bundesweiten ›Neustart Kultur‹-Förderung während der Corona-Pandemie gemeinsam mit den Medienschaffenden von URBANSCREEN das internationale Projekt DIGITAL DIALOGUES auf die Beine: Bremer Künstler:innen erarbeiteten mit Künstler:innen aus aller Welt digital über Ländergrenzen hinweg Choreografien. Die daraus entstandenen Filme wurden auf Fassaden in Bremen projiziert und dem Tanz im öffentlichen Raum wurde mehr Sichtbarkeit verliehen. Zudem ermöglichte TANZ Bremen in Zusammenarbeit mit Unusual Symptoms/Theater Bremen die SYNERGYLABS als öffentliche Experimentierräume für zeitgenössische und urbane Tänzer:innen und reflektierte in internationalen, breit angelegten Think Tanks über die gesellschaftliche Bedeutung und Potentiale des Tanzes.

Das Theater Bremen mit seinen Bühnen bildet als Hauptspielstätte das Zentrum des Festivals. Darüber hinaus kooperiert TANZ Bremen kontinuierlich mit der Schwankhalle und weiteren Bühnen der Stadt. Zudem sorgt eine umfängliche Vernetzung mit anderen Kulturinstitutionen wie der Weserburg, der Kunsthalle Bremen, dem Gerhard-Marcks-Haus, dem KUBO, dem Kino city 46, dem Tanzwerk, dem LafdK, der tanzbar_bremen und Impuls für genreübergreifende Arbeiten und ein umfassendes Rahmenprogramm aus Tanzfilmen, Workshops, Diskussionen und Ausstellungen, das allen Bremer:innen zugänglich ist.

Nach der Festivalgründung durch Inge Deppert von Impuls leiteten Susanne Schlicher, Birgit Freitag und Hans Diers das Festival. 2004 übernahmen Honne Dohrmann (bis 2013) und Sabine Gehm die künstlerische Leitung. Seitdem findet TANZ Bremen biennal statt – mit einigen Ausnahmen in Zeiten knapper öffentlicher Haushaltskassen und während der Corona-Pandemie.

Das für 2024 geplante Festival musste aufgrund der Wahl in Bremen und der damit verbundenen haushaltsfreien Zeit nach 2025 verschoben werden. Die Planungen für die nächste Festivalausgabe laufen – im Frühjahr 2025 soll es so weit sein. Aktuell steht das Festival allerdings noch ohne verbindliche finanzielle Zusage da und ist im intensiven Austausch mit dem Senat für Kultur und dem Theater Bremen, um eine Lösung für die Zukunft zu finden.

Um weiterhin ein internationales Festival mit dieser Strahlkraft durchführen zu können, braucht es eine öffentliche Förderung durch die Stadt Bremen – und es braucht eine langfristige Planungssicherheit. Sie bildet die Basis für die Akquise von Drittmitteln, denn die Förderung durch Stiftungen und internationale Vertretungen sowie die langjährige Unterstützung der Sparkasse Bremen machen inzwischen die Hälfte des Etats aus. Zudem können nur mit erheblichem Vorlauf Einladungen an renommierte Künst-ler:innen in aller Welt oder auf Europa-Tourneen ausgesprochen und ein breitgefächertes, auch international überzeugendes Programm zusammengestellt werden.

Dass das bisher gelang, zeigt die enorme Zuschauerresonanz mit Standing Ovations und vielen ausverkauften Vorstellungen. Aber auch die vielen Anfragen renommierter Künstler:innen für Auftritte beim Festival bezeugen die Bedeutung von TANZ Bremen auf der internationalen Veranstaltungslandkarte.