Rumble Militia
Sie waren schon eine Marke: Lederjacken mit Killernieten und allzeit bereit, nicht nur die Stimme gegen Nazis zu erheben. Mitte der 80er Jahre waren Rumble Militia eine der großen Bremer Hoffnungen. Allerdings: Ihr erstes Album hieß ganz programmatisch ›Fuck Off Commercial‹. Kompromisse waren ihre Sache nicht. Mit einer derben Melange aus Thrash Metal, Hardcore und Punk-Haltung füllten Rumble Militia bis 1994 vier Alben und ein paar kleinere Formate, um danach von der Bildfläche zu verschwinden. Zwanzig Jahre später waren sie auf einmal wieder da, spielten in Bremen, Izmir, Athen, Santiago de Chile, Istanbul und Thessaloniki. Im Januar 2020 gab es dann mit ›Set the World on Fire‹ nach beinahe 25 Jahren ein neues Album. Politisch und musikalisch sind sie auf Linie geblieben, ein Song wie ›No Nazis (FckAFD Version)‹ beweist das eindrücklich. Was die Zukunft bringt? Zumindest hält sich die Band auf ihrer Internetseite eher bedeckt.
Andreas Schnell
Mörser
Klar, meistens haben Bands und ihre Mitglieder eine Vorgeschichte, aber bei Mörser ist sie besonders illuster: Anfang der 90er Jahre brodelte es in der Bremer Hardcore-Szene. Bands wie ACME, Systral, Minion, Carol, Metöke und Assay machten auch international von sich reden. Bei denen ging es schon ziemlich brachial zu. Ob sich da noch einer draufsetzen ließe, sollte dann das Projekt Mörser erkunden. ›Wir hatten von Anfang an das Ziel, die extremste, härteste Band in dieser Reihe zu sein‹, zitiert Bandliste-Bremen. de den Gitarristen Sven Nienaber. Das Line-up war ungewöhnlich: Ein Schlagzeuger, zwei Bassisten, ein Gitarrist und – tadaa – vier Sänger nahmen das Debüt-Album ›Two Hours to Doom‹ auf, das mit 22 teils nur wenige Sekunden langen Grindcore-Kompositionen und Metal-Schwere nachhaltig Eindruck hinterließ. Ein halbes Dutzend Alben fächterten den Sound eher unwesentlich auf, und die Zuspitzung des Debüts blieb unerreicht. Aber milde geworden sind sie nicht. Nur etwas seltener auf der Bühne zu erleben. Nächstes Jahr werden Mörser 30 Jahre alt. Vielleicht geht da was.
Andreas Schnell
Secrecy
Auch so eine Hoffnung: Secrecy, 1987 hervorgegangen aus Sweet Cheater, versammelte einige der besten Musiker der Bremer Szene. Mit komplexen Arrangements, raffinierten Riffs und einem in luftigen Höhen jubilierenden Gesang spielten sie musikalisch in einer Liga mit Szene-Größen wie Fates Warning und Sanctuary, mit denen die Band eine offenbar recht chaotische Tournee spielten, die mittendrin abgebrochen wurde. Zwei Alben brachte die Band bei dem berühmt-berüchtigten Label Noise Records heraus, das die europäische Speed- und Thrash-Metal-Welle mit Bands wie Kreator, Tankard, Coroner, Celtic Frost und anderen Bands maßgeblich prägte. Was folgte war gleichsam klassisch: Nacheinander stiegen zwei Musiker aus, kehrten zurück, andere gingen – das Label stellte die Zusammenarbeit ein, weil Secrecy nicht stabil genug waren. Ein letzter Gig 1993 und die Musiker gingen ihrer Wege, 2007 gab es eine kleine Wiedervereinigung, danach verkündete die Band, keine weiteren Auftritte mehr spielen zu wollen.
Andreas Schnell
Fear Connection
Fear Connection wurde 2016 von Leadsänger Rolf, Drummer Tim und Gitarrist Naushad gegründet. Später stieß Bassist Chris dazu, der 2020 von Sipo abgelöst wurde. Nach mehreren Jahren von Live-Auftritten und Proben erschien 2018 ihre ersten EP ›Raging Terror‹ und 2021 folgte dann ihr erstes Album mit dem Titel ›Progeny of a Social Disease‹. Ihre aktuelle EP ‹Where Evil Prevails‹ haben sie im Mai 2024 in Eigenregie veröffentlicht und neben einem Live Song enthält sie auch eine remasterte Version ihrer ersten EP. Die Band beschreibt ihre Musik als ›Death Metal mit Thrash, Punk und D-Beat-Einflüssen mit einem Touch von Melodie und Hooklines.‹ Ihre ehrlichen und direkten Lyrics beschäftigen sich mit politisch und gesellschaftlich relevanten Themen, wie Rassismus, Faschismus und der Brutalität des Lebens. Im Song ›Without Mercy‹ heißt es ‹Hey you racist pigs, swallow your hate and choke on it […] an eye for an eye, a tooth for a tooth, we will fight you without mercy.‹ Den Botschaften wird durch das für Death Metal typische kehlige und harsche Growling und Screaming von Leadsänger Rolf noch mehr Gewicht verliehen.
Chancy Massamba
Judas Hengst
Schwere, die immens groovt. Also ein tanzender Lavastrom, auch wenn das Bild etwas schief ist. Judas Hengst haben auf bislang zwei Alben einen dichten Gitarrennoise fabriziert, der von einem superstabilen, alles aushaltenden Bass- und Schlagzeuggerüst zusammengehalten wird. Die Songs sind meist in mitteldoll angezogenem Midtempo gehalten. Die Intensität entsteht hier nicht so sehr über Laut/Leise-Dynamiken, auch wenn Judas Hengst sehr wahrscheinlich Isis, Cult of Luna und Mogwai viel und gerne gehört haben. Und viel Sludge Metal auch. Sondern über so eine Dauerpräsenz, die nicht nachlässt. Dass erinnert in seiner Vielseitigkeit und mit der Tonalität der Stimme hin und wieder an die Band Baroness. Und das sind nun alles wirklich nicht die schlechtesten Referenzen, bei einer Band zumal, die immer noch ungemein eigenständig und -sinnig klingt. Das zweite Judas-Hengst-Album ›Ghost‹ ist im letzten Jahr erschienen und wirkt noch souveräner und zugleich direkter als das Debüt ›Death Tapes‹ von 2019. Es enthält außerdem die ersten beiden deutschsprachigen Songs der Band, ›Scheitern‹ und das gerade mal 37 Sekunden lange Stück ›Vermissung‹. Eine der schönste Mauern aus Klang, die man in Bremen finden kann zurzeit.
Martin Steinert
Gvillotine
Gvillotine selbst beschreiben ihre Musik ganz richtig als ›blackened crust/grind, skramz and vicious hardcore punk‹. Das letzte Album, nur digital und auf einem inzwischen leider ausverkauften Tape veröffentlicht, heißt ›Hell is Other People‹, und auch das beschreibt das ganze Geschen hier sehr schön. Alle Instrumente und die Stimme keifen, als ginge es darum, sich die Welt vom Leib zu halten. Das Tempo wechselt in hoher Frequenz, immer wieder geht es nach vorne mit Blastbeats und superschnellen Breaks, um dann wieder eine zergelnde Hardcorekloppe-Passage einzuschieben. Bemerkenswert nicht zuletzt, dass dieser infernalische Lärm von gerade einmal drei Leuten fabriziert wird. Die neun Stücke auf ›Hell is Other People‹ sind schlicht durchnummeriert und vom Geschrei, das hier der Gesang ist, versteht man kein Wort. Liest man die Texte dann nach, sind sie genau so, wie man sich das vorgestellt hat: ›Suffer in divinity / Holy light absorbs the brain / Invaded by thy vermin / and disgusted by thy name‹. Man hört das ehrwürdige Erbe von Mörser in der Musik von Gvillotine, auf den ersten beiden Tapes ›Sunsetter Session‹ (2022) und ›Condemned‹ (2020) noch mehr als jetzt. Früher war noch mehr Ranz. Heute kloppen Gvillotine wirklich virtuos alles kaputt.
Benjamin Moldenhauer