Der schönste Beruf der Welt

ANDRES SCHNELL

Luka Lübke traut sich gern was, nur als Köchin zu arbeiten war keine Option. Es kamen immer andere Dinge um die Ecke, die sie auch interessierten und so hat sie öfter mal den Kurs gewechselt, aber letztendlich hängt dann doch fast alles mit dem Kochen zusammen. Und wer braucht schon einen Stern?

Frau Lübke, wir sind uns vor vielen Jahren begegnet, als Sie für den PRINZ Bremen geschrieben haben.

Das kann sein, ich glaube, da wurde ich Gastrokolumnistin.

War das Ihre Idee?

Nein, die Redaktionsleiterin ist an mich herangetreten. Ich habe mir sehr einen abgebrochen am Anfang. Manchmal tu ich das immer noch, aber etwas leichter ist es geworden. Der andere Kontext, aus dem ich Sie kenne, war das Lokal Madame Ho, das euro-asiatische Fusionsküche servierte.

Da waren Sie Küchenchefin?

Und Teilhaberin. Wir waren zu dritt. Ich bin erst mit 28 Köchin geworden. Ich hatte viel Asienerfahrung, die nicht aus Büchern kam, sondern von der Straße. Als ich gefragt wurde, ob ich mitmachen möchte, dachte ich: Mein Gott, wann bekommst du schon einmal so eine Position?

Hatten Sie vorher schon professionell gekocht?

Ich habe im Kukuk in der Kunsthalle eine Ausbildung gemacht. Davor war ich Modedesignerin und Bibliotheksassistentin.

Madame Ho war für mich damals ein Gaumenöffner. Fusionsküche gab es vorher in Bremen nicht.

Es gibt auch nicht viele, die es können. Inzwischen gibt es gute Literatur dazu. Aber Kurkuma an die Königsberger Klopse zu machen und dann ist es indisch – so ist es eben nicht. Ich bin bei Madame Ho als Erste gegangen, als ich auch noch Teilhaberin von Jackie Su und einer Bar werden sollte. Da habe ich gesagt: Nein danke! Es hat mir völlig gereicht, wie viel ich sowieso schon unbezahlt arbeiten musste. Ich habe später Stammgäste wiedergetroffen, die mir erzählten, dass sie bei Madame Ho waren und auf die Frage, wo die Frau Lübke sei, gehört hätten, die Frau Lübke sei am Ende und furchtbar krank und koche nicht mehr. Das hat mich sehr betrübt. Ich war ja gar nicht krank.

Danach haben Sie mit Jonas Martin das Restaurant Jon-Luk aufgemacht und mit Produkten aus der Region gekocht.

Ins Jon-Luk kam der Mann, der die Michelin-Sterne vergibt. Er sagte: ›Ich komme im Frühling noch mal wieder. Wir testen immer zweimal, und wenn es dann genauso gut ist, kriegen Sie einen Stern.‹ Da habe ich ihm gesagt, dass das nichts wird, weil wir in sechs Wochen schließen.

›Die eigentlichen Helden sind die, die den Kindern ihr Essen auch beibringen. Im Sinne von Geschmacksbildung. Das finde ich super wichtig.‹

Seitdem haben Sie kein eigenes Restaurant mehr, sondern arbeiten als Autorin, Fotografin, engagieren sich bei Slow Food Deutschland. Aber Sie kochen immer noch. Was ist das Schöne am Beruf?

Das Gemeinsame ist schön. Und es ist auch der schönste Beruf der Welt. Aber ich habe meinen Auszubildenden auch immer gesagt, dass dann Weihnachts- ein Wort ist, das mit Geschäft aufhört, nicht mit Geschenk, dass man wahrscheinlich nie mehr zu Geburtstagen eingeladen wird, dass dir die Freundin wegläuft, dass dich deine Eltern nicht mehr verstehen - und dass man das wirklich sehr, sehr gerne machen muss.

Einen eigenen Laden zu haben, wo man eine Idee verfolgt, oder für 180 Kinder zu kochen, wie Sie das manchmal machen, ist das immer gleich schön?

Natürlich sagt kein Mensch, ich werde Koch und dann koche ich für den Kindergarten oder für eine Rehaklinik. Das macht man, wenn man es nicht geschafft hat. Aber das ist falsch. Die eigentlichen Helden sind die, die den Kindern ihr Essen auch beibringen. Im Sinne von Geschmacksbildung. Das finde ich super wichtig.

Muss man Essen denn eigentlich erklären?

Schön wäre, wenn es erstmal schmeckt. Aber ich finde als essender Mensch auch die Geschichte wichtig. Ich finde es schön zu wissen, wer das Wild geschossen hat. Ich finde es schön zu wissen: Das sind die Äpfel vom Dingshof, da bin ich schon vorbeigefahren.

Haben Sie sich entschieden, verschiedene Sachen zu machen, um aus dieser Mühle herauszukommen, die Sie beschrieben habe?

Ich weiß schon lange, dass ich schreiben, kochen und Bilder machen möchte. Und ich habe gemerkt, dass ich das ganz gut kann. Ich traue mich viel, auch beim Schreiben. Ich kann sagen: Oh, das riecht jetzt nach Gitarre! Ich springe einfach rein. Ich bringe Leuten auch Weintrinken bei auf meine Art, versuche herauszufinden, was sie mögen und warum. Dass sie sich trauen, frei zu sprechen. Das ist der einzige Weg, sich das zu erschließen. Spannend ist natürlich auch das Handwerk: dass man bei einem Wein den Boden schmecken kann, das Jahr und das Wetter. Aber es ist wichtig, das miteinander zu machen. Das ist beim Essen, glaube ich, auch so.