Kinder haben ein Recht auf Kultur

FRIEDERIKE HOLTMANN

Die Kindertheater-Szene in Bremen und umzu, ist bunt und vielfältig. Unter anderem gibt es die freien Kindertheatermacher:innen, die regelmäßig durch die Kitas, Schulen, Bürger- und Kulturzentren touren. Viele von ihnen haben gemeinsam mit dem ›Landesverband für Darstellende Künste Bremen, LAFDK‹ das Netzwerk ›Junges Theater‹ gegründet, um ihrem Anliegen mehr Nachdruck zu verleihen. Denn die jungen Zuschauer:nnen von heute sind die der Zukunft. Durch dieses Netzwerk entstanden Projekte wie ›Ein Tag för Lütte‹ oder die ›Tourende Bühne‹, deren Auftritte, finanziell unterstützt durch den Senator für Kultur, für die Grundschulkinder in Bremen kostenlos ist.

Feste Spielstätten im Land Bremen gibt es tatsächlich nicht viele. Da ist das Puppentheater ›Mensch, Puppe!‹ im Viertel, das ›Junge. Theaterbremen‹ für Kinder ab sechs Jahren, das Schnürschuhtheater, das Produktionen für Jugendliche zeigt und das Kindertheater im Schlachthof, welches bereits seit 30 Jahren besteht. In Bremerhaven ist das Figurentheater Bremerhaven eine feste Spielstätte, die Eigenproduktionen für Erwachsene und Kinder zeigt, sowie das Junge Theater Bremerhaven JUB.

Das Kindertheater hat vor dem Hintergrund der Kinderrechts-Charta eine wichtige Aufgabe: Kinder haben ein Recht auf kulturelle Bildung! So steht es in mehreren Artikeln der UN-Kinderrechtskonvention, unter anderem in Artikel 31, der das Recht auf kulturelle Teilhabe festhält. Dieses Recht sagt, dass alle Kinder unabhängig von Herkunft, Wohnort, sozialer Lage, Kultur- oder Kita-Angebot Zugang zu Kultur haben müssen. ›Das heißt, es müssen passende Angebote geschaffen werden, es sollte für jedes Kind möglich sein Theater zu erleben. Der Moment, wo ich etwas live erlebe, vielleicht sogar selbst handele, in Kommunikation mit den Künstler:innen trete und mit anderen meine Emotionen teile. Gerade in der zunehmend digitalisierten Welt, auch die der ganz Jungen, sind diese Erfahrungen sehr wertvoll‹, betont Karina Schieck, seit 2018 Leiterin des Kindertheaters Schlachthof.

›Es braucht professionelles Kindertheater von Anfang an. Dafür setze ich mich ein und versuche in dem Sinne ein abwechslungsreiches Programm, quer durch die verschiedenen Genres wie Figurentheater, Puppentheater, Schauspiel, Tanz, Musik auch Clownerie und Zauberkunst auf die Bühne in den Schlachthof zu bekommen‹, erklärt sie ihrAnliegen. Angefangen hat ihre Laufbahn als Schauspielerin schon in der Kindheit und Jugend, denn ihre Mutter leitete das Packhaus Theater. Theater und Schauspiel waren allgegenwärtig. Nach dem Abitur absolvierte sie ihre Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München. Es folgten verschiedene Gastengagements in Köln, Frankfurt, Mainz, außerdem wirkte sie in diversen Film- und Fernsehproduktionen mit. Nach einem Festengagement am Theater Konstanz zog sie mit ihrer Familie zurück nach Bremen.

Wie kam sie dann zum Kindertheater?

›Am Anfang kannte ich hier keinen und das machte den Einstieg nicht so leicht, aber dann habe ich am Moks Theater, jetzt Junges.Theaterbremen, in den Stücken ›Nachtblind‹ und ›Du.Du.Und ich‹ in der Regie von Franziska-Theresa Schütz mitgespielt. So kam ich dann auch zu den ›Jungen Akteur:innen‹ und arbeitete als Theaterpädagogin mit den verschiedenen Altersgruppen. Zeitgleich bin ich mit ›Mik und Tik, Musik und Theater in der Kita‹ in Kindergärten unterwegs gewesen und habe mit Kindern Theaterstücke entwickelt und im Bereich musikalische Früherziehung gearbeitet‹, erklärt Karina ihren Einstieg ins Kindertheater.

Durch verschiedene große Kita-Theaterprojekte, bei denen der Schlachthof Antragsteller bei ›Kultur macht stark‹ war, entstand eine kontinuierliche Zusammenarbeit des Kulturzentrums mit Findorffer Kitas, in denen Karina die künstlerische Leitung und die Durchführung der Projekte übernommen hat. Das Spielen in Kitas und Schulen ist ihr besonders wichtig, um auch Kinder, deren Eltern aus verschiedenen Gründen keine Vorstellungen besuchen, eine kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Mit der Reihe ›Theater von Anfang an‹, die vom Beirat Findorff finanziell unterstützt wird, können Kinder für einen geringen Eintritt Vorstellungen besuchen bzw. es kommen Theatergruppen in die Kitas und spielen vor Ort.

›Kindertheater kann alle Themen des Lebens behandeln, wie auch das Theater für Erwachsene, wichtig ist vor allem, dass man die Altersgruppen und Zuschauenden bei ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten abholt, es gilt Sprachentwicklung, Wahrnehmung und kognitive Fähigkeiten zu beachten. Vor allem sind Freiräume wichtig, Kinder sind kreativ und aktiv, sie sollten mit einbezogen werden, sie dürfen nicht als Störfaktoren wahrgenommen werden. Für die Künstler:innen bedeutet das eine besondere Herausforderung, denn für das junge Publikum zu spielen bedeutet ein hohes Maß an Improvisation, um in Kommunikation und Interaktion zu gehen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass Kindertheater nicht infantilisiert, das heißt alles nur verniedlicht und vereinfacht wird‹, erklärt sie.

›Ich wünsche mir die gleiche Anerkennung und Wertschätzung wie im Theater für Erwachsene. Denn wir schaffen unter anderem das Publikum von Morgen‹, bestärkt Karina. Es muss aber auch gewährleistet sein, dass von Seiten der Theatermacher:innen die gleiche professionelle Herangehensweise in der Erarbeitung und Umsetzung der Stücke erfolgt. Eine professionelle Umsetzung des Stoffs in Bezug auf Dramaturgie, Schauspiel, Figurenführung, Regie und Ästhetik ist wichtig. Dafür braucht es Raum und Geld. Um wenigstens den Raum zu geben, stellt der Schlachthof einen Proberaum zur Verfügung, um so die freien Gruppen zu unterstützen.

Karinas Stück ›Violetta und der graue Klaus‹ entstand vor dem Hintergrund der Erfahrungen im Moks Theater und der Theaterarbeit mit den Kindern in den Kitas. ›Die Idee und der Entwurf lagen schon lange in meiner Schublade, immer schon wollte ich ein Ein-Personen-Stück für Kitakinder schreiben und aufführen. Schlussendlich hat mich eine gute Freundin ermutigt einen Antrag zu stellen. Und der ist, zu unserer großen Freude, bewilligt worden‹, beschreibt Karina die Entwicklungsgeschichte ihrer ersten eigenen Produktion. Aus dieser Kooperation ist dann Mitte 2021 mit Alexandra Benthin und Alex Gesch das Kindertheater Kollektiv ›ka2oh‹ entstanden, das bisher vier Theater-Tanzstücke entwickelt hat und diese in Kitas und Bürgerzentren aufführt.

›Wenn es gelingt, wird aus Kindertheater ein Theater für alle und die Eltern können es genauso genießen wie die Kinder. Ein Familientheater eben‹, beschreibt die Theatermacherin ihren Anspruch und ihr Ideal.