Bremen - City of Literature

GUDRUN GOLDMANN

Ins Leben gerufen wurde es 2004, derzeit besteht das Netzwerk aus 350 UNESCO-Kreativstädten weltweit. Die Mitglieder kommen aus mehr als 100 Ländern und decken sieben kreative Bereiche ab: Kunsthandwerk und Volkskunst, Design, Film, Gastronomie, Literatur, Musik und Medienkunst.

Begonnen hat alles in Edinburgh, der Stadt, in der mit dem dreiwöchigen Edinburgh International Book Festival, das vermeintlich größte Literaturfestival der Welt stattfindet. Die schottische Stadt wurde 2004 die erste ›City of Literature‹ und in den zwanzig Jahren seither folgten 52 weitere Städte – unter anderem Bremen als einer der letzten Neuzugänge in diesem Netzwerk.

Worüber sich auch Bürgermeister und Kultursenator Andreas Bovenschulte gefreut hat, wie er in einem Interview mit dem Stadtmagazin erzählt: ›Das ist eine Wertschätzung für alle, die sich im Laufe der Jahre so sehr darum bemüht haben – von den Buchhandlungen über unsere Autorinnen und Autoren bis zum Literaturkontor und zum virtuellen Literaturhaus, von der ›Globale‹ über die ›Literarische Woche‹ bis zum ›Bremer Literaturpreis‹.‹

Und seine Aufzählung macht zugleich deutlich, worauf bei der Auswahl geachtet wird. Die UNESCO-Jury bewertet zum einen Qualität, Quantität und Vielfalt des Verlagswesens in der Stadt, zum anderen müssen die Kandidatinnen schon in der Bewerbung nachweisen, dass Literatur in der Stadt eine wichtige und wahrnehmbare Rolle spielt. So konnte Bremen zum Beispiel mit dem Stadtmusikanten- und Literaturhaus punkten, sowie den Lausch- Orten und den Bremer Sprachmusikanten. Außerdem gibt es viele Buchhandlungen in der Stadt, und das nicht nur im Zentrum. Schaut man sich im Netzwerk der Literaturstädte um, gibt es sehr unterschiedliche Schwerpunkte, die in den Städten gesetzt werden. Leeuwarden zum Beispiel konzentriert sich auf Minderheitensprachen (minority and minor languages) und arbeitet mit sechs anderen Städten daran, diese mehr in den Fokus zu rücken und auch einen (Buch-)Markt dafür zu schaffen.

Es wird spannend sein zu beobachten, wie man dieses weltweite Netzwerk in den nächsten Jahren nutzen wird.

Hobart in Tasmanien (Australien), das 2023 gemeinsam mit Bremen City of Literature geworden ist, zeigt, dass man sich auch ganz bewusst mit einem Defizit erfolgreich bewerben kann: ›Tasmania has the worst adult literacy rate in the country. Fifty percent of Tasmanian adults are functionally illiterate. (…) Literature and storytelling have the power to change the conversation from deficit to ambition, from insecurity to pride. (…) As a City of Literature, Hobart would work to solve our state’s literacy crisis, giving Tasmanians a new reason to read and pouring effort into events and initiatives that improve literacy and combat the social inequalities caused by illiteracy.‹

Viele Städte haben Residenzprogramme für Schriftsteller: innen geschaffen oder ausgebaut, neue Festivals etabliert oder Formate für Kinder entwickelt. Bei anderen ist es nach der Ernennung eher ruhig geworden. So lässt sich für Bremens Partnerstadt Durban nur wenig im Internet finden, außer, dass es viele Bibliotheken gibt und ein jährliches Literaturfestival. Was nicht heißt, dass aktuelle Veranstaltungen nicht über andere Kanäle bekannt gemacht werden.

Es wird spannend sein zu beobachten, wie man dieses weltweite Netzwerk in den nächsten Jahren nutzen wird. Was kann Bremen mit Melbourne auf die Beine stellen oder mit Okayama oder Vilnius? Für Schriftsteller:innen in dieser Stadt dürften die Angebote, an europäischen Projekten teilzunehmen, auf jeden Fall deutlich steigen. Und für Leser:innen kann das nur eine gute Nachricht sein.