"Es ist noch deutlich Luft nach oben"

NORA BRUHNS

Im Dezember 2022 erhielt die Feministische Organisation von Planerinnen und Architektinnen e.V., kurz FOPA, die Bremer Auszeichnung für Baukultur. 1992 wurde die FOPA mit dem Ziel einer vermehrten Teilhabe von Frauen an Stadt- und Verkehrsplanerischen Projekten sowie der Veränderung von Methoden in der Planung in Deutschland gegründet. In die Entstehungsgeschichte und die Arbeit der FOPA gibt Heike Wohltmann, Diplomingenieurin und Mitglied in der FOPA, im Gespräch einen genaueren Einblick.

Die Gründung des Vereins war in die erstarkte Frauenbewegung der 70er- und 80er-Jahre eingebettet, die erste FOPA wurde bereits 1981 in Berlin gegründet. In einem ersten Treffen 1991 zwischen selbständigen Planerinnen, Architektinnen und Frauen aus der Verwaltung habe sich gezeigt, dass ein breites Interesse an der Thematik auch in Bremen bestand. Hintergrund war, dass Frauen bis dahin als Beteiligte wie auch Betroffene von Planungen, zu wenig Gehör fanden:

›Es war so eine Aufbruchszeit, in der wir gesagt haben, so geht es eigentlich nicht weiter und wir müssen was machen‹, sagt Heike Wohltmann.

Bei der Arbeit der FOPA gehe es darum, Öffentlichkeit zu schaffen und eine beratende Rolle einzunehmen. Dabei würden Ziele zunächst meist in einer internen Runde diskutiert, danach werde geguckt, wer an Planungen und Projekten beteiligt ist, mit wem ins Gespräch gegangen werden kann und inwieweit Foren geschaffen werden können, in denen die Anliegen kommuniziert werden können. Es solle ein größerer Diskussionsprozess, über die Interessen der Investor:innen hinaus, initiiert werden.

Ein Beispielprojekt ist die gelungene Beteiligung an der Neuentwicklung des Bremer Hulsberg-Viertels. Hier wurde damals zu einer großen Veranstaltung im Klinikum BremenMitte eingeladen, um einen Austausch zwischen Planer:innen, der Verwaltung und Politik zu ermöglichen.

›Das war zumindest damals für uns ein ganz zentrales Projekt. Wir haben da gesagt, wenn das so läuft wie ein klassisches Verfahren, dann haben wir das Dilemma, dass nur die Investoren kommen und sagen, was sie haben wollen‹, erinnert sich die Planerin.

In den 90er-Jahren wurden von den Mitgliedern der FOPA beispielsweise die Großwohnsiedlungen kritisiert. Diese wären zu einer Zeit der noch klassischen, nach Gender aufgeteilten. Arbeitsteilung, gebaut worden und die Infrastruktur der Siedlungen nur an den arbeitenden Bewohnern ausgerichtet worden. Frauen, die damals oft die Care-Arbeit leisteten und viel Zeit in den Siedlungen verbrachten, wären bei der Planung selten berücksichtigt worden. Den Siedlungen, wie zum Beispiel Tenever, mangelte es an Nahversorgungsangeboten, Begegnungsorten sowie an einer guten Aufenthaltsqualität.

Kurze Wege und Wegverbindungen, sowie der Ausbau des öffentlichen Verkehrs stehen ebenfalls im Fokus der Planerinnen. Aspekte, die aktuell auch in der Diskussion um klimagerechte Städte wichtig sind. Ein weiterer Kritikpunkt, der auch heute noch aktuell ist, ist der Umgang mit Unter- und Überführungen. ›Wie kann ich sie vermeiden und wenn ich sie nicht vermeiden kann, wie kann ich sie sicher gestalten?‹ erläutert Wohltmann ihren Ansatz.

Aktuell wird in der FOPA Bremen an keinen konkreten Projekten gearbeitet. Trotzdem gibt es monatliche Treffen. Dabei werden auch die eigene Bezeichnung und der Feminismusbegriff diskutiert. ›Das Thema ist viel heterogener und differenzierter geworden, es gibt viele verschiedene Ansprüche, auch unter dem Begriff Gender Planning‹, erzählt sie. Dabei gäbe es auch viele Kongruenzen zum Aspekt der nachhaltigen Stadtplanung und -nutzung. Es kann aber nicht allen recht gemacht werden. Eine Lösung könnte laut Wohltmann sein, unterschiedliche Quartiere mit unterschiedlichen Schwerpunkten zu schaffen.

Bei Betrachtung aktueller Wohnungsbauprojekte stellen die Mitglieder der FOPA immer wieder fest, dass noch Handlungsbedarf besteht: ›Nach wie vor reagiert das höchstmögliche Maß der baulichen Nutzung. Es gibt neuere Siedlungen die weniger Aufenthaltsqualitäten haben, die wenig geschützte Räume haben, die unbequem sind‹, erklärt die Planerin.

Grund dafür seien Sachzwänge und Streit aufgrund verschiedener Interessen. Dennoch ist die Bilanz von Heike Wohltmann nicht nur negativ:

›Es hat sich viel getan. Es sind durchaus mehr Frauen dabei, es ist eine höhere Sensibilität für Beteiligungsverfahren und Öffentlichkeitsarbeit entstanden. Trotzdem sehen wir, dass in der Umsetzung noch deutlich Luft nach oben ist.‹